Gabelfeder gemessen, 10 % Öl aus beiden Holmen abgesaugt (20.01.2023)

Ich bin mit der Abstimmung der Vorderradgabel unzufrieden. Die ist bestimmt für schwerere Fahrer und wohl auch für 2 Personen Betrieb gedacht. Ich fahre aber nur alleine und finde die Gabel dafür zu hart. Ich wiege "fahrbereit" nur 76 kg und das fahrbereite Motorrad wiegt nur 150 kg. Im Internet liest man zum Thema Fahrwerk und Federung immer, der negative Federweg sollte mindestens 1/3 des gesamten Federwegs sein. Das wären dann 5 cm. Im Handbuch der "Rally" steht zum Thema Fahrwerkseinstellung sogar:"Die Standard-Einstellung der Stoßdämpfer beträgt 50 % des Federwegs.". Meine Scrambler taucht aber nur 15 mm ein, wenn ich drauf sitze und es gibt leider keine Einstellmöglichkeit mit der man die Vorspannung verringern könnte. Der negative Federweg ist fast nicht vorhanden. Und der ist eigentlich wichtiger als der positive Federweg. Wenn man bei Bodenwellen oder Löchern keinen Federweg zum Einfedern hat, dann haut es einem nur ins Kreuz aber die Räder bleiben am Boden. Wenn in Schräglage eine Bodenwelle oder ein Loch kommt und man hat keinen negativen Federweg zum Ausfedern, dann rutscht das Rad weg und man liegt auf dem Kreuz. Deswegen will ich die Federvorspannung verringern oder eine kürzere Feder einbauen.
Ich habe den rechten Gabelholm (nur der hat eine Feder, links ist die Dämpfung) zerlegt, um zu sehen, was da für eine Feder verbaut ist. Ich hatte auch die Hoffnung, dass da eventuell doch Distanzstücke oder Vorspannhülsen drin sind, die man weglassen kann, um die Vorspannung zu verringern. Ist aber leider nicht der Fall.

Die Teile mit der Nummer 26 und 27 auf der Zeichnung sind anscheinend fest im Aussenrohr verpresst. Ich habe nicht entdeckt, wie man die entfernen kann. Das Innenrohr lässt sich aber auch bis oben durchschieben. Die haben also mit der Federvorspannung nichts zu tun.

Unten den Gabelfuß habe ich nicht abgebaut, weil da offensichtlich nichts drin ist, was man weglassen könnte. Innen messe ich 55,5 cm Platz für die Feder. Wenn ich das gleiche Maß außen anlege, bin ich am Ende des Gabelfusses. Das Innenrohr ist scheinbar bis unten reingedreht und da sitzt nur eine Buchse drauf, die die Feder hält. Das wird so ähnlich aussehen wie im Workshop Manual, auch wenn dort ein anderer Gabelfuß abgebildet ist.

Im Ersatzteilkatalog wird die Feder mit "F41MC005 FEDER K 1.50 KG/MM" beschrieben, also 14,71 N/mm (1 Newton = 0,10197 kg). Sie hat 44 Windungen, Drahtstärke 6 mm, 530 mm lang. Der Außendurchmesser ist in der Mitte 35 mm und an beiden Enden 34,4 mm. Der Innendurchmesser ist an beiden Enden 17,5 mm. Der Bolzen an der Stange, der oben in die Feder gesteckt wird, hat einen Durchmesser von 15 mm. Der Innendurchmesser des Innenrohr ist 35,5 mm.
Abhilfe würde nur eine kürzere oder besser eine weichere Feder schaffen. Die Gabel ist identisch in 4 Modellen verbaut. "Scrambler 500", "Flat Track 500", "Anniversary 500", "Deluxe 500". Bei den Updates von Euro4 zu Euro5 wurde am Innenleben der Gabel nichts geändert. Nur die Gabelfüße rechts und links sind neu, aber nur wegen Änderungen an der Achse. Die Innenrohre sind noch die Gleichen. Da bin ich doch bestimmt nicht der Einzige, der mit der Abstimmung unzufrieden ist. Komisch, dass es da noch keine anderen Gabelfedern auf dem Zubehörmarkt gibt, zum Beispiel von "Wilbers", "Wirth" oder "YSS".
Ich habe jetzt beim Zusammenbau erst mal etwas weniger Öl (ca. 10 %) in beide Holme getan. Dadurch wird die Gabel auch etwas weicher, weil der Luftraum größer geworden ist, der beim Einfedern komprimiert wird. Mal sehen, ob das was bringt. Zumindest habe ich im Stand schon eine deutliche Veränderung messen können. Vorher war die Gabel belastet mit mir (fahrbereit angezogen) 15 mm eingefedert (negativ Federweg). Nach Öl absaugen (ca. 40 ml pro Holm) und belastet mit mir fahrbereit 35 mm eingefedert. Das ist schon mal was zum Testen. Leider sind die Straßen im Augenblick nicht so gut für Tests mit der Federung geeignet.

PS: 28.01.2023. Heute war es endlich mal wieder trocken und am Nachmittag sogar sonnig. Da habe ich natürlich gleich die Gelegenheit genutzt und eine kleine Testfahrt gemacht. Man merkt nicht wirklich, dass die Gabel nun etwas weicher sein soll. Eigentlich taucht Sie jetzt nur etwas tiefer ein, bis die Luft in den Gabelholmen so stark komprimiert ist wie vorher. Die Feder ist dann aber genauso hart wie vorher. Hilft nix, es muss eine andere Feder her. Ich habe bei "Wirth Federn" nachgefragt, ob man dort eine passende Feder liefern könnte. Aufgrund der Daten meiner Originalfeder hat man mir eine Feder rausgesucht, die passen müsste und weicher ist. Wirthfeder Nr. 5015, Drahtstärke 5,6 mm, Aussendurchmesser 34,8 mm, Innendurchmesser 23,6 mm, Länge 500 mm, 44 Windungen, Federrate 9,57 N/mm. Da die Feder progressiv gewickelt, geht die Federrate bis 11,96 N/mm. Die fehlenden 3 cm Länge werden durch Distanzhülsen ausgeglichen. Die Feder ist eigentlich für andere Motorräder (z.B. Kawasaki Z 750 S von 2006) wo zwei Federn verbaut sind. Deswegen gibt es die nur paarweise. Ist mir aber egal. Ich bestelle die erstmal. Wenn es passt, versuche ich die zweite Feder an einen anderen Caballero Fahrer zu verkaufen. Wenn die nicht passt, wollen die bei "Wirth Federn" das Paar zurücknehmen.

PS: 01.02.2023. Um die neue Feder vergleichen zu können, habe ich heute in einer Regenpause eine kleine Testfahrt mit der originalen Feder in der Gabel gemacht. Motorrad war vollgetankt, in der Gabel wie bereits geschrieben ca. 10% weniger Öl und ich voll eingekleidet mit Helm, Stiefel, Handschuhe und Kombi. Um zu messen, wie tief die Gabel jeweils eintaucht, habe ich rechts einen Kabelbinder um das Innenrohr gemacht und den bis an die Dichtung hochgeschoben. Dann das Motorrad nur vom Ständer genommen, und wieder aufgebockt, damit das Vorderrad frei schwebt. Nun gemessen, wie tief die Gabel eingetaucht war, das waren 22 mm. Dann den Kabelbinder wieder hochgeschoben und das gleiche Spielchen noch mal mit mir drauf. So belastet taucht die Gabel wie bereits oben beschrieben 35 mm ein. Nun losgefahren und auf einer abgelegenen freien Strecke aus 100 km/h eine Vollbremsung hingelegt (ABS hat reagiert). Da ist die Gabel 122 mm eingetaucht und damit immer noch nicht voll eingefedert. Ist nicht "auf Block" gegangen, wie man so sagt. Sie könnte noch 28 mm einfedern, was aber meiner Meinung nach ein weiteres Indiz dafür ist, dass die Gabel für mich zu hart ist.

Wirth Gabelfeder eingebaut, Gabelöl neu SAE 10 (03.02.2023)

Die neuen Federn von "Wirth" sind da und heute hatte ich mal Zeit, die einzubauen. Eigentlich total easy, man muss nicht mal die Gabel zerlegen. Die Außenrohre können in den Gabelbrücken bleiben. Einfach nur Schutzblech ab, Bremszange ab, Vorderrad raus, Lenker ab. Dann kann man oben die Gabelstopfen herausdrehen und die Innenrohre hochschieben. Wenn man dann den Gabelstopfen abschraubt, kann man auf der rechten Seite das komplette Innenrohr samt Feder bzw. auf der linken Seite samt Dämpfer nach unten herausziehen.

Aber Vorsicht beim Rausziehen. Wenn so ca. zwei Drittel des Innenrohrs raus sind, kommen zwei Löcher. Die sofort zuhalten, sonst schießt das Öl rechts und links raus.
Ich habe natürlich beide Seiten abgebaut, um das Öl zu wechseln. Auf der linken Seite blieb die Dämpfereinheit aber zusammen. Ich habe die einfach nur umgedreht, um das Öl auslaufen zu lassen. Rechts muss man nur den Sprengring lösen und kann die Stange, die zwischen Gabelstopfen und Feder sitzt, herausnehmen. Ist nicht viel Druck drauf, geht relativ leicht. Habe ich ohne Hilfe hinbekommen, auch beim Zusammenbau ohne Federspanner.

Die neue Feder passt perfekt, Länge stimmt und der Umfang ist auch exakt der Gleiche. Und 209 Gramm leichter ist die auch noch. Die Distanzhülse, die Wirth mitgeliefert hatte, kommt nach unten. Dann eine DIN 125 Unterlegscheibe M18, die ich besorgt habe, dann die neue Feder mit der progressiven engen Wicklung nach oben, dann eine Unterlegscheibe in den Maßen 11 x 34 x 3 (DIN 440/ISO 7094?), die Wirth mitgeliefert hatte. Die musste ich noch auf 16 mm aufbohren, damit der Bolzen der Stange reinpasst, die vom Gabelstopfen kommt.
Um auch die Dämpfung in Zug- und Druckstufe an die weichere Feder anzupassen, habe ich 10er anstatt 15er Gabelöl eingefüllt. Zuerst habe ich wieder nur 380 ml (ca. 10 % weniger) in beide Holme getan. Damit war die Gabel aber zu weich. Das Luftpolster über dem Öl, das beim Einfedern komprimiert wird, war zu groß, die Gabel tauchte zu tief ein. Ich habe dann in beiden Holmen ca. 50 ml nachgefüllt, bis der Ölstand in beiden Holmen gleich war. Bei komplett eingefederter Gabel ungefähr 55 mm unterhalb der Oberkante. Damit war es gut und ich habe dann wieder gemessen, wie weit die Gabel bei verschiedenen Belastungen eintaucht.

Das Motorrad ohne Fahrer ließ die Gabel 32 mm eintauchen. Mit Fahrer drauf tauchte die Gabel 50 mm ein. Die Vollbremsung aus 100 km/h ließ die Gabel 130 mm einfedern. Also noch 20 mm Luft bis zum Anschlag. Für mein Empfinden perfekte Werte. Und wie fährt Sie damit? Hammer. Einfach viel viel besser. Die Gabel spricht nun super feinfühlig an, federt weich und angenehm, ohne dass sich das Motorrad schwammig anfühlt. Der Umbau hat sich voll gelohnt.